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B U E N O S  D Í A S  T I A  –  E L  C O L E G I O  B E L É N  O‘ H I G G I N S

Die ersten drei Arbeitswochen sind nun geschafft. In diesem Zeitraum waren wir hauptsächlich damit beschäftigt uns die verschiedenen Klassen und Fächer im Colegio anzuschauen, damit wir selbst mitentscheiden konnten wo wir am besten reinpassen. Doch meiner Meinung nach ist es sehr schwierig in einer so kurzen Zeit eine Entscheidung wie diese zu treffen, da man sich schließlich an alles erst einmal gewöhnen muss. Deshalb waren Gabriel, Fee und Ich sehr froh und auch ein wenig stolz, als wir endlich unsere eigenen Stundenpläne in den Händen hielten.

Bis zum Ende des Schuljahres (Dez. ‚16) werde ich Tia Maria-José in der dritten Klasse begleiten. Alle Lehrerinnen und Lehrer werden hier Tia und Tio, also Tante und Onkel genannt. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in dieser Klasse arbeiten darf, da es mir dort in den ersten Wochen super gut gefallen hat. Laut der Lehrer in der Schule sind die Schüler in der dritten Klasse immer sehr wild und desordenado (unordentlich/ungeordnet). Das kann ich auf jeden Fall bestätigen, doch ich denke es kommt immer darauf an, wie man mit ihnen umgeht. Tia Maria-José zum Beispiel hat meiner Meinung nach ein super gutes Verhältnis zu den Niños. Sie ist streng, jedoch liebenswürdig und die Schüler sitzen, zumindest meist, auf ihren Plätzen.

Unser Direktor Louis, der schon sehr lange an der Schule ist, teilte uns am Anfang mit, dass er in seiner Zeit alles erlebt hat. Es gibt viele wunderschöne Ereignisse im Colegio, aber natürlich auch viele Schwierigkeiten. Die meisten Kinder kommen aus armen Verhältnissen und hatten manchmal auch schon Erlebnisse, die nicht für Kinderaugen bestimmt sind, die eigentlich nicht einmal für Erwachsene gut sind. Somit werden die kleinsten Probleme, wie zum Beispiel der Streit um einen Stift, meist mit viel Körpereinsatz gelöst, sprich einer kurzen Prügelei.

Da es in den Pausen auch öfters zu Konflikten kommt, die bei Kindern natürlich normal sind, diskutieren die Tias und Tios mit der Klasse darüber und versuchen das Problem zu lösen. Ich finde es nicht immer gut in den Streit von Kindern einzugreifen, da sie schließlich lernen müssen, selbst Lösungen zu finden. Doch in diesem Fall finde ich ist es sehr gut darüber zu reden, da somit die richtigen Werte und Verhaltensweisen von den Tias und Tios aufgezeigt werden, die sie so von zu Hause vielleicht nicht kennen.

Meine Aufgabe ist es die Lehrer zu unterstützen, indem ich schaue, dass alle ihre Aufgaben erledigen, mich um die Technik kümmere, den Kindern bei den Aufgaben helfe und allgemein für mehr Ordnung sorge. Natürlich werden auch hier und da die neusten Zaubertricks ausgetauscht, es werden Klatschspiele gespielt und Ca-Chi-Pu, also Sching-Schang-Schong, gespielt. Interessanterweise ähneln diese Spiele alle den Spielen, die man in Deutschland auch im Kindergarten und in der Grundschule spielt.

Anfangs habe ich sehr viel beobachtet und war eher passiv im Unterricht dabei, doch mittlerweile kenne ich die Schüler schon besser, weiß wer mehr oder weniger Schwierigkeiten beim Lernen hat und weiß somit wo ich helfen kann. Natürlich gewöhnen sich die Schüler auch an mich und ich freue mich immer sehr, wenn ein „ Tia, aiudame!“ (Tia, hilf mir!) kommt oder ich ein selbstgemaltes Bild mit der Aufschrift „Para Tia Ana“ (Für Tia Anna) bekomme.

Auch hier in der Schule kommt wieder die andere Mentalität zum Vorschein. Zur Begrüßung und zum Abschied bekommt man als Tia und Tio fast immer ein Küsschen auf die Backe. Egal ob von oben bis unten mit Saft verschmiert oder nicht. Insgesamt werden wir vor allem als Freiwillige oft umarmt, was manchmal auch daran liegt, dass die Kinder zu Hause vielleicht nicht diese Zuneigung bekommen. Das ist super schön, doch man muss aufpassen, da es schon einige Male vorkam, dass Lehrer wegen mutmaßlicher Misshandlung angezeigt wurden. Meistens steckt jedoch nichts dahinter und Eltern erhoffen sich mit einer solchen Aktion nur Geld.

Was mir an der Schule hier in Chile super gut gefällt ist, dass die Schüler schon im Pre-Kinder, also mit ca. 4/5 Jahren tanzen lernen.

 

Cueca & 18. September

Cueca ist einer der Nationaltänze Chiles. Die Frauen tragen schöne mittellange bunte Kleider mit schwarzen Schuhen und die Männer Stiefel mit Sporen, einen Poncho und einen Hut. Als Accessoire dient ein weißes Tuch, das herumgewirbelt wird und ein Teil des Tanzes besteht darin, dass man auf den Boden stampft. Ich finde es sieht ein bisschen aus wie ein Spiel eines verliebten Pärchens. Die Wochen vor dem „Dieciocho“ (18. September) wurden jeden Tag die verschiedensten Tänze auf dem Schulhof eingeübt. Meine Klasse hat zum Beispiel Polka eingeübt. Einfach zuckersüß!

Der 18. September ist Nationalfeiertag in Chile und wird sehr groß gefeiert. Um den 18. gibt es viel „Asados“ (gemeinsames Grillen), typisch chilenische Spiele werden gespielt und natürlich wird viel gegessen, getrunken und getanzt. Schon an unserem ersten Tag in der Schule waren die Klassenzimmer mit Girlanden geschmückt, aber auch viele Straßen waren mit Flaggen verziert und im Supermarkt gab es etliche Sonderangebote.

Da die Schule über die Feiertage geschlossen war, sind mein Mitbewohner Gabriel und ich am Donnerstag den 16. September mit dem Fernbus nach Valdivia gefahren, um dort zusammen mit Kathi, die auch in Santiago wohnt, unsere Mitfreiwillige Cara zu besuchen.

N U E S T R O  V I A J E  A  V A L D I V I A

Es ist kalt und verregnet als wir morgens um neun Uhr in Valdivia am Busbahnhof ankommen. Die zehnstündige Fahrt war sehr angenehm, da man die Sitze sehr weit zurückstellen kann und somit sehr gut schlafen kann. Wir haben so gut geschlafen, dass man fast sagen könnte wir wurden von Santiago nach Valdivia gebeamt. 

 

Mit dem Taxi fahren wir durch das etwas kleinere Städtchen zu Caras Haus. Die Häuser erinnern sehr an amerikanische, schwedische aber auch deutsche Häuser. Viele deutsche haben sich in der Vergangenheit vor allem im Süden Chiles angesiedelt, und genau das spiegelt sich auch in so manchen Häusern wieder oder im valdivianischen Bier „Kunstmann“ mit dem Werbeslogan „…das gute Bier“. In den Straßen riecht es nach verbranntem Holz, da hier viel mit dem Ofen geheizt wird, und es ist wenig los. Sehr gegensätzlich zu Santiago, aber sehr angenehm.

 

Nachdem wir bei Cara gefrühstückt haben schauen Gabriel und ich uns ein bisschen in der Stadt um, während Cara noch in ihrem Projekt arbeitet. Zufällig kommen wir an einer Art Parade vorbei, wahrscheinlich für den „Dieciocho“, und natürlich wird Cueca getanzt. Wir laufen weiter an den Fluss „Río Callecalle“, der im Gegensatz zum „Río Mapocho“ in Santiago sehr schön ist. Kleine Touristenboote schaukeln im Wasser und die verschiedensten Vögel, unter anderem Pelikane, bedienen sich am Fisch, der auf der Feria direkt am Ufer verkauft wird. Mal wieder kann ich sagen, dass diese Ferias einfach zum reinlegen sind. Obst, Gemüse, Fisch, Gewürze, … Alles in Hülle und Fülle und schmeckt einfach super!

 

Mit einer der Attraktionen in Valdivia sind die Seelöwen, die überall im und am Wasser aufzufinden sind. Wenn ich ehrlich bin sind es nicht unbedingt meine Lieblingstiere, doch es ist durchaus interessant zu beobachten wie sie einfach nur daliegen, nichts tun und sich ab und zu etwas ankeifen. An einer Stelle, wo die Seelöwen immer liegen lernen wir Paula aus Berlin kennen. Sie ist auch für ein Jahr in Chile und wir beschließen abends zusammen mit ihr und einem Arbeitskollegen von Cara was trinken zu gehen. Natürlich gibt es Pisco und chilenisches Bier.

 

Am nächsten Morgen holen wir Kathi vom Busbahnhof ab, frühstücken kurz und machen uns mit dem Auto auf den Weg in die Natur. Manuel, Caras Arbeitskollege, zeigt uns den „Parque Oncol“ und zahlreiche, wunderschöne Strände. Als wir das erste Mal das Auto verlassen um die Aussicht auf einen schönen Fluss zu genießen, merken wir erst wie gut die Luft ist. Es tut super gut mal wieder reine Luft einatmen zu können, nicht die schmutzige Smog-Luft aus Santiago.

 

Unsere Wanderung auf einen Berg im Parque Oncol war wunderschön. Doch von der Aussicht auf Vulkane und das Meer war leider nichts zu sehen außer Nebel.

 

 Zu den Stränden kann ich wirklich nicht viel sagen, außer ein paar wenige beschreibende Worte: traumhaft schön, Natur pur, maravilioso!

 

Am Ende des Tages gehen wir in ein kleines Dorf am Meer, namens „Las Nieblas“, um Enpanadas zu essen und einen wunderschönen Sonnenuntergang am Strand zu beobachten. Zur gleichen Zeit findet wieder ein fest für den Dieciocho statt. Es gibt also viele Essensstände und es wird getanzt. Auch Kathi und ich haben es geschafft die Tanzfläche zumindest für kurze Zeit zu betreten. Eine Tanzgruppe aus Patagonien tritt auf und fordert immer wieder Personen aus dem Publikum zum Tanz auf. #SuperStimmung

 

Abends kochen wir gemeinsam und sitzen in einer gemütlichen Runde zusammen und quatschen. Man muss ja schließlich fit sein für den Dieciocho! ;)

 


Gut ausgeschlafen machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg zur Fonda im Parque Saval. Wieder laufen wir am Markt direkt am Ufer des Río Callecalle vorbei, überqueren den Fluss und betreten die Halbinsel von Valdivia, auf der sich auch die Universidad Austral de Chile befindet. Mit einer großen Menschenmasse treibt es uns zum Gelände wo die Fonda stattfindet. Kurzzeitig fühlten wir uns ein bisschen wie auf einem Festival. Auf dem Gelände waren zwei große Wiesen, auf denen einige Leute flanierten oder Kinder ihre Drachen steigen ließen. Am Rand waren Schießstände aufgebaut, an denen auch Gabriel sein Glück versuchte, und kleine Festzelte mit Essen und Trinken, vergleichbar mit dem Wasen. Am Ende des Geländes waren weitere Essensstände und ein kleiner Souvenirmarkt aufgebaut. Mit Bier und dem typisch chilenischen Getränk „Terremoto“ (Erdbeben) setzten wir uns auf die Wiese und genossen die Sonne. In Chile ist es verboten auf öffentlichen Plätzen oder auf der Straße Alkohol zu trinken. Nur diese kleine Aktion, mit Freunden auf der Wiese zu entspannen und was zu trinken, war also mal wieder eine kleine Erinnerung an meine schöne Schulzeit in Stuttgart.

Anschließend sind wir noch über den Souvenirmarkt geschlendert, sind dann aber auch relativ schnell wieder nach Hause gegangen. Ehrlich gesagt waren wir etwas enttäuscht vom „Dieciocho“, da wir uns alles etwas belebter und bunter vorgestellt hatten. Doch sicher ist es von Ort zu Ort unterschiedlich und es war trotzdem interessant zu sehen, was es für traditionelle Tänze, Gerichte, etc. gibt.

Zu Hause haben wir gemütlich zusammen gekocht und abends sind wir dann natürlich noch mit anderen Freiwilligen aus Valdivia feiern gegangen.

Am nächsten Morgen haben wir ausgiebig Ausgeschlafen und kurz bevor wir gegangen sind noch eine Bootstour gemacht. Leider war das Wetter nicht so gut, aber ein ganz passender Abschluss war es auf jeden Fall. Übrigens kreuzen sich in Valdivia drei Flüsse: Río Valdivia, Río Callecalle und Río Cruces.

So. Nun habe ich mal wieder ziemlich viel geredet und bin trotzdem im Zeitverzug. Naja…

Ich freue mich immer über Rückmeldungen und hoffe bald wieder ein Update geben zu können.

Hasta Luego!

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Kommentare: 3
  • #1

    Nicole (Dienstag, 04 Oktober 2016 14:54)

    Toller Bericht, es freut mich immer von Dir zu hören und auch, daß es Dir so gut geht........immer an Dich in Gedanken schicke ich Dir gaaaaaanz liebe Grüße aus dem mittlerweile herbstlichen Stuttgart......

  • #2

    Caroline (Freitag, 07 Oktober 2016 21:27)

    Liebe Anna, schön von Dir zu lesen .... Wie wenn man selbst dabei wäre ... Toll ... Lass es Dir weiter gut gehen , freue mich schon auf die nächsten Erlebnisse und Bilder ... ;-)

  • #3

    Monika (Montag, 10 Oktober 2016 19:48)

    Hallo liebe Anna, auch ich bin begeistert von deinen Erlebnissen und Bildern. Oma Lilo fragt immer nach dir. Schade, dass sie nicht so teilhaben kann wie ich. Pass weiterhin gut auf dich auf. Sei ganz liebt gegrüßt von Oma. Schön, dass es dich gibt.